Ruhetag

Heute ist Samstag - der Ruhetag in unserer Gemeinde, und damit auch im Krankenhaus. Also keine Routine OPs und etwas länger schlafen. Ich nutze die Zeit und vervollständige meine Blogeinträge von gestern und vorgestern, nachdem ich meinen Dank für vieles was mir am Herzen liegt oben abgeliefert habe.
Zum Frühstück gibt's selbst gemachtes Granola und Fruchtsalat. So gut wie ich hier versorgt werde, hätte ich meine ganzen Fressalien nicht gebraucht. Aber ich bin sicher, es findet sich ein dankbarer Abnehmer.
Wir machen eine schnelle Visite und allen Patienten geht es gut, bis auf das 8 jährige arabische Mädchen (Achat), das vermutlich auf Grund der Unterernährung in beiden Beinen multiple Abszesse ausgebildet hatte, einschließlich beider Hüftgelenke, die vor ein paar Tagen drainiert worden waren. Sie hat zusätzlich eine Fußheberplegie auf der linken Seite und ihr rechter Oberschenkel ist geschwollen und überwämt. Beide Hüftgelenke sind noch immer sehr schmerzhaft bei Bewegung und das rechte beim ist kürzer, als das Linke, was auf eine schwere Zerstörung des Gelenks hinweist... Irgendwie geht sie mir den ganzen Morgen nicht aus dem Kopf, so dass ich am Nachmittag Bronwyn, aus dem Nutrition Center zu der Patientin schleife um gemeinsam eine passende Aufbaudiät zu festzulegen. Dummerweise sind diese Proteinkekse, die hier normalerweise verwendet werden seit dem Hochwasser der Regenzeit nicht mehr nachgeliefert worden, so dass aktuell diese Option nicht zur Verfügung steht. Wir schreiben trotzdem ein Rezept für die Kekse auf und bitten den Vater der kleinen, diese selbst in Kelo zu besorgen.
Mir fällt da noch ein Artikel ein, den ich kürzlich gelesen habe, worin der wirkungssteigernde Effekt von grünem Tee auf Antibiotika beschrieben wurde. Und so verabrede ich mich für morgen am Nutrition Center, um auf dem Markt nach grünem Tee zu suchen...
Um 9:30 sollte der Gottesdienst losgehen, aber es sind gerade mal 4 Hanseln da, was offenbar aber niemanden stört...es ist eben 9:30 "Africa Time"... In der Zwischenzeit wird nicht unbedingt schön, aber dafür laut und aus vollem Herzen gesungen. Glücklicherweise gibt es hier auch eine englische Gesprächsgruppe und wir haben eine angeregte Unterhaltung über den Sinn und Unsinn von religiösen Ritualen. Wir kommen zu dem Schluss, dass es niemals die Rituale sein können oder sollten, die das Glaubensleben ausmachen, sondern die persönliche Beziehung zu unserem Schöpfer, der sich nichts sehnlicher wünscht als unser ultimatives Glück.
Anschließend kommt ein Programmpunkt, den ich so noch nicht kannte: ich werde auf Französisch gefragt, ob ich nicht spontan ein Lied vortragen wolle. Vor lauter Überraschung fällt mir absolut keins ein und ich winke etwas verlegen lächelnd ab. Offenbar ist das wohl eine zeit, in der mehrere Gottesdienstteilnehmer aufstehen und spontan, Solo und ohne Begleitung Lieder vortragen. Bei dieser Gelegenheit komme ich in den Genuss von Rolins Stimme, der mir aber hinterher erklärt, dass er früher Gesangsunterricht hatte...das erklärt manches denke ich bei mir, nehme mir aber trotzdem vor, für alle Fälle nächste Woche besser vorbereitet zu sein.
Die Predigt ist Französisch mit Übersetzung in Nanjerin, der lokale Dialekt. Ich versteh' natürlich kaum etwas, so dass meine Gedanken wandern...
Ich will bloß nicht gelangweilt erscheinen, um nicht unhöflich zu sein, besonders nachdem ich der ganzen Gemeinde als der große Neurochirurg aus Deutschland vorgestellt worden bin... Ich muss gestehen, dass diese ganze Aufmerksamkeit um meine Person einerseits nett ist, da ich mich herzlich aufgenommen und willkommen fühle, andererseits aber meine Hände wegen der sehr limitierten Möglichkeiten gebunden sind. Am Ende wollen mir jedenfalls alle die Hand schütteln.
Der Gesang des Chors wird nur durch Trommeln begleitet und der coole Rhythmus macht die Lieder wesentlich erträglicher...
Nach dem Gottesdienst gibt es Potluck bei Tammy und Jamie Parker. Sie erzählt mir ihre Geschichte, wie es dazu kam, dass sie hier her kamen und wie sie sich von einer Diva zur "Mutter" der hiesigen Schule entwickelt hat. (Viele ihrer Geschichten sind auf ihrem Blog nachzulesen: Parkers4Bere.blogspot.com)
Ich lerne die meisten anderen Missionare kennen: Bronwyn, aus Südafrika mit englischem Pass arbeitet im Nutrition Center. Kylie, Montag schon wieder auf dem Weg zurück nach USA, war 6 Monate hier, genau wie Athens, die aber noch bis Mai hier bleibt und im OP hilft. Ich höre, wie es ist, bei einer einheimischen Familie zu wohnen und wir diskutieren die verschiedenen Motivationen, warum Leute in die Auslandsmission gehen. Wir stellen fest, dass das wohl ein komplexeres Thema Zitat, als es zunächst den Anschein haben mag...
Am Nachmittag fahren wir alle in zwei Autos in ein kleines Dorf etwa 5 km von Béré mit dem Namen Casere. Bronwyn erzählt dort jeden Samstag Nachmittag eine Geschichte für die Kinder. Heute sind die ersten neun Plagen dran, die Gott über die Ägypter brachte, um den Pharao zur Freilassung der Israeliten zu bewegen. Sie erzählt die Geschichte sehr lebendig und spannend, so dass es nicht überrascht, dass die Kinder an ihren Lippen hängen.
Einige der Lieder, die gesungen werden kenne ich sogar, wenn auch nich auf Französisch... Kinder sind doch auf der ganzen Welt gleich: selbst wenn man die Sprache nicht spricht, die Sprache des schäkerns ist immer die selbe - lachen, Grimassen machen, fangen, kitzeln...
Nach einer sehr lustigen Stunde fahren wir noch etwas weiter zum Fluss, um eventuell ein paar Flusspferde vor die Linse zu bekommen, haben aber diesbezüglich kein Glück, bis auf ein paar schöne Sonnenuntergangsfotos.









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