Immer mehr, immer mehr...

Heute sieht es so aus, als würden wir früh fertig werden, denn wir haben nur drei kleine OPs auf dem Programm - aber es kommt natürlich anders!
Wir fangen mit einer einfachen Prostata an, dilatieren eine Harnröhrenstriktur, machen weiter mit einer Leistenhernie und wollen mit einer Orchektomie wegen Pyocele den Tag beschließen, da kommt noch während der OP die Hebamme herein, sie habe den Verdacht auf eine
Uterusruptur. Das wäre die dritte in 8 Tagen! Wir beeilen uns mit der Hautnaht ein gehen rüber zum "Kreissaal". In der Tat, der Bauch gefällt uns nicht und wir fahren die Patientin gleich in den OP zur Notsectio. Die Diagnose bestätigt sich, dieses mal aber war nicht eine Überdosis Oxytocin die Ursache, sondern ein Z. n. Sectio in der Vergangenheit, denn der Uterus ist genau an der alten Narbe gerissen. Das Unglaublichste für uns ist jedoch, der erste Schrei des Kindes! Das hätten wir wirklich nicht erwartet, dass das Kind noch lebt! Dieser Schrei ist besser als jede Musik in unseren Ohren!
Gut gelaunt beenden wir die Operation.
Sobald bekannt wird, dass wir fertig sind kommen Myriaden von Pflegern aus irgendwelchen Löchern, um uns Patienten vorzustellen. Ich gehe zu einem 12 jährigen Jungen, der vor etwa 2 Stunden vom Baum gefallen ist. Die Augenbrauenlazeration rechts ist schnell versorgt, aber der GCS 9 gefällt mir gar nicht! Ich nehme mir viel Zeit, der Nachtschwester die Wichtigkeit der neurologischen Überwachung zu erklären. Sie nickt höflich, ich merke aber, dass ich wohl selbst werde nach dem Patienten schauen müssen.
Auf dem Weg nach Hause denke ich darüber nach, was ich unternehme, wenn er sich weiter verschlechtert.
1.Steriles operieren ist hier so gut wie unmöglich!
2. wir können z. Zt. nur Ketaminnarkosen machen...Köpfe kann man so nicht operieren.
3. ich habe keine vernünftige bipolare Pinzette, Kraniotom, geschweige denn blutstillende Watten oder Pads...
Zusammengefasst, wenn der Junge nicht an seinem Epiduralhämatom stirbt, dann an meiner OP...
Ich beschließe, diesen Gedanken nicht weiter zu verfolgen und falte lieber meine Hände, dass es gar nicht soweit kommt.
Die eigentlich wichtigen OPs haben wir heute nicht geschafft: ein verjauchender Uterusprolaps und ein großer Adnextumor. Naja, morgen ist auch noch ein Tag. Die Nacht bleibt glücklicherweise ruhig und mein Kuckucksei bleibt stabil.

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